Sonntag, 7. Januar 2007

E) Das Israel am Ende der Zeit in der Offenbarung

E) Das Israel am Ende der Zeit in der Offenbarung
In diesem Abschnitt soll unter anderem aufgezeigt werden, wie protestantische Reformatoren, zum Unterschied heutiger protestantischer und evangelikaler Auslegungen, Israel in der Offenbarung im Kampf mit den antigöttlichen Verfolgermächten verstanden haben. Nirgends bei den Reformatoren begegnet uns bemerkenswerter Weise der Gedanke, daß Israel als Nation in den Visionen der Offenbarung endzeitlich noch eine besondere Heilsrolle zukommen würde.
Für die Reformatoren war auch der Antichrist nicht eine zukünftige Erscheinung, die sich erst kurz vor dem zweiten Kommen Jesus offenbaren würde, sondern eine durch die gesamte christliche Zeit hindurch wirkende Macht, die allerdings vor dem Kommen Jesu in seinem Treiben gegen die Gemeinde zum Höhepunkt kommen würde.
Wir wollen uns daher in einem gesamten Überblick ansehen, wie Israel gemäß des NT, und vor allem gemäß der Offenbarung, aber auch von dem Verständnis der Reformationsgeschichte her zu verstehen wäre.
» Inhalt
Israel im NT - die Jungfrau
Solange die neutestamentliche Gemeinde treu war, bezog sich der Begriff "Israel" im Sinne einer Jungfrau auf diese von Jesus und den Aposteln neu gegründete Gemeinde. 2.Kor. 11, 2
Es kam jedoch in dem nun etwa 2000 Jahren bestehenden Christentum auch in neutestamentlicher Zeit zu einem ähnlichen Abfall wie im Judentum in alttestamentlicher Zeit. Dieser Abfall wurde in verschiedenen Visionen der Offenbarung schon damals vorhergesagt. Leider wurde auch in neutestamentlicher Zeit aus einer Jungfrau (echte Nachfolger) eine Hure (das abgefallene Christentum) . Off. 17
» Inhalt
Die Frau von Off. 17 im Verständnis der Reformatoren
Alle Reformatoren der Vergangenheit erkannten bemerkenswerter Weise in der Hure von Off. 17 ein Bild für das abgefallene, neutestamentliche Christentum, das sich nicht nur aus Juden, sondern auch aus Heiden zusammensetzt. Die Reformatoren erkannten in der Hure eindeutig das frühe Papsttum, das Papsttum ihrer Zeit und auch das Papsttum der Zukunft. Für sie bestand kein Zweifel darüber, daß sich das Papsttum in Zukunft je ändern würde.
Die antichristlichen Mächte der Prophezeiungen von Daniel und der Offenbarung waren für die Ausleger der Reformation nicht nur im heidnischen Rom zu sehen. Auch die Idee, daß der Antichrist erst eine besondere Person am Ende der Zeit sein soll, wie es heute vielfach von den Vertretern der Israeltheorie gesehen wird, war den Reformatoren in ihrer Auslegung von Daniel und der Offenbarung vollkommen fremd.
Für sie stellte der Antichrist, wie er z.B. in Daniel 7, im Kleinen Horn, und in Off.13 und Off.17 in dem Tier und der Hure dargestellt ist, eine in der Geschichte des NT immer gegenwärtige Macht dar, die sich schon zur Zeit des Paulus zu regen begann (2.Thessl.2, 6-8). Kurz vor der Wiederkunft sollte diese Macht zu besonderer Wundertätigkeit kommen, dann aber durch die Wiederkunft Jesu zerstört werden.
» Inhalt
Das Verständnis der Reformatoren bezüglich der Entrückung
Für die Reformatoren gab es eine einzige Entrückung der Gläubigen, die sich ereignen wird wenn Jesus in den Wolken des Himmels, und in Begleitung seiner Engel, für alle Menschen sichtbar, erscheinen wird. (Mt. 24,30-31). Gemäß der Bibel und dem Verständnis der Reformatoren gab es nach diesem Ereignis der Wiederkunft keine weitere Zeit der Bekehrung mehr. Mit der Wiederkunft Jesu und der Entrückung der Gemeinde kommt auch gemäß 1.Thessl. 4,13-18 und 2.Petr. 3,8-12 keinerlei Zeit der Umkehrmöglichkeit mehr. Alle Menschen müssen sich vorher entschieden haben. Um das tun zu können, werden sie auch alle durch die vorhergehende Verkündigung des Evangeliums von Gott die Gelegenheit zur Bekehrung bekommen.
Jesus selbst verbürgt sich für diese weltweite Verkündigung vor seinem Kommen, in dem er sagt: "Und es wird gepredigt werden dies Evangelium vom Reich in der ganzen Welt, zu einem Zeugnis für alle Völker und dann wird das Ende kommen." (Math.24,14)
Gemäß dieser klaren Aussage wird es weder eine Wiederkunft Jesu, noch eine geheimnisvolle Entrückung, noch ein Ende der Welt vor dem Abschluß der weltweiten Verkündigung geben. Durch diese Verkündigung werden alle Heiden und Juden schon vor der Entrückung die letzte Chance zur Umkehr bekommen.
Eine weitere Chance der Umkehr wird es somit nach der Wiederkunft Jesu und der damit einhergehenden Entrückung nicht mehr geben. Der Grund dafür liegt in der Tatsache, daß das Evangelium nicht erst durch die Juden am Ende der Zeit, oder erst nach der Entrückung in die ganze Welt getragen werden wird, sondern eben schon vorher von der christlichen Gemeinde. In ihr gab es von Anfang an einzelne Gläubige jüdischer Herkunft, wie es auch heute noch der Fall ist.
» Inhalt
Die Frau von Off.12 im Verständnis der Reformatoren
Die Frau mit der Sonne bekleidet, wie sie in Off.12 im Konflikt mit dem Drachen geschildert wird, war für keinen der Reformatoren ein Bild für die Juden am Ende der Zeit, wie dies heute von den Verfechtern der Israeltheorie gesehen wird. Die Frau stellte für die Reformatoren aufgrund der biblischen Symbolik vielmehr die treue christliche Gemeinde dar. So z. Bsp. im Gleichnis von den 10 Jungfrauen (Mt.25 und auch 1.Kor. 11,2). Sie erkannten auch, daß die Bibel schon im Alten Testament das wahre Volk Gottes, solange es treu war, mit dem Bild einer Jungfrau beschreibt. (Jer. 31,4+21) Im Gegensatz dazu beschreibt die Bibel das abgefallene Volk unter dem Bild einer Hure. (Hes.16)
Diese (Jung-)Frau wird gemäß der Prophetie von Off. 12 vom Drachen (dem Papsttum, der Hure) durch die Geschichte hindurch verfolgt und bekämpft wurde. Wir wissen z. Bsp. von den Waldensern und Hugenotten, daß sie sich gemäß dieser Prophetie von Off. 12 selbst als die "Gemeinde der Wüste" identifizierten, gegen die der Drache, (das Papsttum) während ihrer Zeit der mittelalterlichen Geschichte seinen Kampf führte.
Es war nicht nur ein Kampf gegen die Gemeinde, sondern auch ein Kampf gegen die Wahrheit und das Evangelium, welches Jesus seiner Gemeinde zur weltweiten Verkündigung anvertraute. Dieses geistliche und neutestamentliche Israel, (das Christentum) verfiel jedoch, wie schon das buchstäbliche Israel im AT, immer mehr dem Abfall vom wahren Evangelium.
Dieser Abfall und der damit einhergehende Kampf gegen die Wahrheit und gegen das Volk der Wahrheit war sowohl von Daniel im AT als auch der Offenbarung im NT für eine besondere Zeitspanne vorhergesehen. Während dieser Zeit sollte der Antichrist, den die Reformatoren eindeutig mit dem Papsttum identifizierten, seinen Kampf gegen die Wahrheit und gegen das Volk Gottes führen.
» Inhalt
Die 3 ½ Zeiten des Antichristen bei den Reformatoren
In Dan. 7,25 und Off.12,14 wird die Zeitdauer dieses Kampfes mit 3 ½ prophetische Zeiten vorausgesehen. In Off. 12, 6; Off. 11,2+3 und Off.13,5 wird diese selbe Zeitperiode mit 1260 Tagen und auch mit 42 Monaten angegeben. Diese unterschiedlichen Zeiten ergeben, wenn man sie in einzelnen Tagen aufschlüsselt, alle die selbe Zeitspanne.
1 Zeit = 360 Tage
2 Zeiten = 720 Tage
½ Zeit = 180 Tage
3 ½ Zeiten 1260 Tage
42 Monate x 30 Tage = 1260 Tage
Diese prophetischen Zeitperioden in den verschiedenen Kapiteln von Daniel und der Offenbarung wurden von den Reformatoren der Vergangenheit alle mit der gleichen Zeitperiode und mit der gleichen antichristlichen Macht, dem Papsttum in der Geschichte, in Verbindung gebracht. Man erkannte, daß die einzelnen Visionen, in denen diese Zeiten vorkommen, lediglich unterschiedliche Ereignisse offenbaren, die sich während dieser Zeit in der Auseinandersetzung zwischen dem Papsttum und der Gemeinde abspielen werden.
Berechnet wurden diese prophetische Zeit nach dem "Jahr-Tag-Prinzip" aus Hes. 4,4. und 4.Mose 14,34, wonach jeder Tag in Wirklichkeit für ein Jahr gedeutet werden kann. Alle Reformatoren brachten diese Zeit konkret mit den 1260 Jahren der Verfolgungen durch die mittelalterliche Kirche und somit mit dem Papsttum in Verbindung.
Luther berechnete z. B. die 1260 Tage ab der Zeit des römischen Kaisers Phocas, der zwischen 602 und 610n.Chr. von Konstantinopel aus Rom regierte. Er war ein enger Freund des damaligen Bischofs von Rom, Gregor dem Großen, den er in einem Brief im Jahre 606 schmeichelnd "universalen Bischof" nannte.
Luther rechnete also die 1260 Jahre ab der Zeit dieses Kaisers und kam dadurch in die Zeit zwischen 1862 und 1870. Nach dieser Zeit erwarte Luther das Ende des Papsttums und das Kommen Jesu, ohne daß er dafür einen genaue Jahreszahl angab.
Kaiser Phocas Endzeit
602-610 1862-1870
I________________1260 Jahre _______________I__________?
Aus diesem Grunde der Berechnung dieser 1260 prophetischen Tage war Luther auch der Überzeugung, daß das Kommen Jesu nicht vor etwa 300 Jahren nach seiner Zeit stattfinden würde. Er schrieb darüber wie folgt:
"Ich sage mir wahrlich, der Tag des Gerichtes könne keine volle dreihundert Jahre mehr ausbleiben. Gott will und kann diese gottlose Welt nicht länger dulden. Der große Tag naht, an dem das Reich der Greuel gestürzt werden wird." (GK, 306)
Heute wissen wir, daß sich Luther zwar in der genauen historischen Einordnung dieser prophetischen Zeitperiode etwas irrte, denn zwischen 1862 und 1870 hat sich im Papsttum nichts ereignet, was irgendwie mit dem Zusammenbruch seiner Macht zu tun gehabt hätte. Doch prinzipiell hatte Luther sicher recht, die 1260 Tage nach dem Jahr-Tag-Prinzip als 1260 Jahre besonderer päpstlicher Machtausübung in Verbindung gebracht zu haben.

Keine Kommentare: