Sonntag, 7. Januar 2007

Einleitung

EINLEITUNG
In verschiedenen protestantischen, evangelikalen und charismatischen Gemeinden wird heute mehr und mehr die Meinung vertreten, daß das Volk Israel in dieser letzten Zeit noch eine besondere Rolle im Heilsplan Gottes spielen wird. Es sollte, gemäß eines bestimmten Verständnisses alttestamentlicher Prophezeiungen, vor der Wiederkunft Jesu zu einer Wiedererwählung Israels als ein besonderes Heilsvolk kommen.
Allgemein sieht man in diesen christlichen Kreisen in der seit 1945 begonnenen Rückkehr und Rückführung der Juden aus den Ländern der Erde und der Staatengründung Israels seit 1948 eine Erfüllung alttestamentlicher Prophetie. Es wird darin auch ein besonderes Endzeitzeichen gesehen, an dem zu erkennen wäre, daß die Wiederkunft Jesu sehr nahe sei.
Um das biblisch begründen zu können wird unter anderem das Gleichnis Jesu vom austreibenden Feigenbaum, das Jesus in Math. 24,32-33 in seiner Endzeitrede verwendet, prophetisch endzeitlich gedeutet. In dieser gleichnishaften Aussage Jesu heißt es:
"An dem Feigenbaum lernet ein Gleichnis: wenn seine Zweige jetzt treiben und die Blätter kommen, so wißt ihr, daß der Sommer nahe ist. So auch ihr, wenn ihr das alles sehet, so wisset, daß es nahe vor der Tür ist."
Der Feigenbaum wird in dieser Deutung in Anlehnung an Luk. 13,6-9 als Bild für das Volk Israel kurz vor dem 2. Kommen Jesu gesehen. Das Austreiben der Zweige am Feigenbaum bringt man gemäß dieser Auslegung mit dem Wiedererstehen des Staates Israel am Ende der Zeit in Verbindung.
Ob das wirklich so gedeutet werden kann, und ob Jesus mit diesem Vergleich des austreibenden Feigenbaumes tatsächlich eine endzeitliche Prophetie zur Wiedererwählung Israels vor dem Kommen Jesu machen wollte, ist sehr fraglich, und muß bei genauerer Betrachtung des Gleichnisses aus zwei wesentlichen Gründen eigentlich abgelehnt werden.
1. Wir sollten beachten, daß Jesus in dieser Rede von Math. 24 die Sammlung Israels mit keinem Wort anspricht. Er spricht in dem gesamten Kapitel von besonderen Zeichen, die seiner Wiederkunft vorausgehen werden.
Es sind dies:
Zeichen in der religiösen Welt:
• Falsche Propheten und falsche Christusse, sowie vielerlei Verführungen.
• Der Unglaube wird überhandnehmen.
• Große Verfolgungen gegen wahre Nachfolger Jesu
• Das wahre Evangelium wird weltweit verkündigt werden.
Zeichen in der politischen Welt:
• Kriege und Geschrei von Kriegen,
• Ein Volk wird wider das andere, und eine Nation wider die andere sein.
Zeichen in der moralischen Welt
• Menschen werden sein, wie in den Tagen Noahs
Zeichen in der sozialen Welt:
• Hunger und teure Zeit
• Pest und Seuchen
• Große Trübsal
Zeichen in der Natur und im Kosmos:
• Erdbeben hin und her
• Außergewöhnliche Zeichen an Sonne, Mond und Sternen
• Die Kräfte der Himmel werden ins Wanken kommen.
Nach Aufzählung all dieser Zeichen, sagt Jesus: "...wenn ihr das alles sehet, so wisset, daß es nahe vor der Tür ist." - Jeder unvoreingenommene Leser wird erkennen können, daß Jesus mit der Aussage "wenn ihr das alles sehet", nichts anderes meinen konnte, als all die Zeichen, die er vorher aufgezählt und beschrieben hat. Von einer Sammlung Israels und seiner Wiedererwählung am Ende der Zeit ist hier weder eine direkte noch indirekte Aussage zu finden.
Welche andere Überlegung kann uns zeigen, daß Jesu in obiger Aussage vom Feigenbaum nicht die endzeitliche Wiederherstellung Israels im Auge hatte?
2. Es wird bei dieser Deutung des Jesuswortes offensichtlich übersehen, daß Jesus in der Parallelstelle in Luk. 21,29-30 nicht nur vom Austreiben eines Feigenbaumes, sondern daß er auch vom Austreiben aller Bäume sprach. Man solle also nicht nur am Austreiben des Feigenbaumes erkennen können, daß der Sommer nahe ist, sondern auch am Austreiben aller Bäume.
Wenn nun der Feigenbaum in diesem Gleichnis ein Bild für Israel wäre, wofür sind dann alle anderen Bäume ein Bild? Wenn das Austreiben des Feigenbaums so zu deuten wäre, daß damit die Staatengründung und Rückführung der Juden am Ende der Zeit gemeint wäre, was bedeutet dann das Austreiben aller anderen Bäume? Wen stellen all die anderen Bäume dar, wenn dieser Vergleich prophetisch gedeutet werden müßte? In diesem Fall müßten alle anderen Bäume alle anderen Völker am Ende der Zeit bedeuten. Müßte es dann nicht auch bedeuten, daß nicht nur Israel als Volk wiedererstehen müßte, sondern alle anderen Völker, die in der Geschichte, ähnlich wie Israel, zerstreut und aufgerieben wurden, am Ende der Zeit in ihre Heimat gesammelt und wiedererstehen müßten?
In Wirklichkeit erleben wir zur Zeit nicht unbedingt eine Entwicklung, die von einer Sammlung aller zerstreuten und aufgeriebenen Völker in ihre Heimat zeugt, sondern eher das Gegenteil ist der Fall! Wie dies mit dem Volk der Juden in nächster Zukunft verlaufen wird, werden wir sicher sehr bald beobachten können.
Wir sollten also vorsichtig sein, wie wir Prophezeiungen aus dem AT und NT heute auslegen. Dabei sollten wir nicht vergessen, daß die Juden damals aufgrund falscher Auslegungen der Prophetie und falschen prophetischen Erwartungen sogar ihren eigenen Erlöser kreuzigten. Könnte sich diese Geschichte in ähnlicher Weise sogar an Christen mit falschen Auslegungen und irrigen Vorstellungen von Prophetie bezüglich Israel am Ende der Zeit wiederholen?
Das Gleichnis vom austreibenden Feigenbaum soll daher wie folgt verstanden werden: So wie man am Austreiben aller Bäume erkennen kann, daß der Sommer naht, so sollen wir an den Zeichen in der Welt, wie sie Jesus in Luk. 21 erwähnt, erkennen, daß Jesu Wiederkunft unmittelbar bevorsteht.
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Die wahre Bedeutung der Prophezeiungen über die Rückführung Israels im AT
Wenn die gegenwärtige Sammlung der Juden in ihre Heimat nicht als Erfüllung all der alttestamentlichen Prophezeiungen betreff Israel gedeutet werden sollte, dann müssen wir die Frage stellen, wie diese Prophezeiungen im biblischen Kontext sonst zu verstehen sind? Tatsache ist nämlich, daß die prophetischen Schriften im Alten Testament Weissagungen bezüglich einer Zerstreuung der Juden unter alle Völker und einer Rückführung der Juden in ihr Land, und eines Wiederaufbaus des Tempels und der Stadt Jerusalem enthalten.
Beispiele: Jer. 6,11; Hes. 10,8-10; Jes. 15,1-6; Jer. 25,7-12;
Jer. 32,28-38; Jes.27,7-13; Amos 3,13-15; Micha 4;10
Die große Frage ist nun, ob diese Prophezeiungen tatsächlich etwas mit den heutigen endzeitlichen Entwicklungen in Israel zu tun haben?
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Wer ist mit "Israel" am Ende der Zeit gemeint?
Es wäre für ernste Bibelleser unentschuldbar, die Tatsache zu übersehen, daß die Bibel sehr wohl davon spricht, daß Gott am Ende der Zeit ein Volk haben wird, welches er durch die Prophetie des AT und NT als "Israel" bezeichnet. Mit diesem "Israel" hat Gott am Ende der Zeit noch ein besonderes Werk für diese Welt vor. Dieses Israel wird dann auch am Ende mit Jesus Christus triumphieren.
Nun sollten wir uns die Frage stellen, welches Israel damit konkret gemeint ist? Sind damit die derzeitigen und zukünftigen Juden in Palästina gemeint? Sind damit auch die Juden in New York in den Ostblockstaaten, in Afrika, in Lateinamerika, ja letztlich alle in der Welt verstreuten Juden gemeint, deren es zur Zeit noch mehr außerhalb Israels gibt als in Israel selbst? Bezieht sich der Begriff "Israel" im endzeitlichen Zusammenhang bei den Propheten auf alle Juden dieser Welt?
Könnte es auch sein, daß das Wort Gottes die Bezeichnung "Israel" im neutestamentlichen und endzeitlichen Sinn noch viel weiter sieht und ihm eine Dimension verleiht, die weit über die ethnische und nationale Zugehörigkeit zu einem bestimmten Volk hinausgeht? Diesen Fragen wollen wir in dieser gerafften Studie etwas nachgehen und an Hand des Wortes Gottes zu beantworten suchen.

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